Dec 4, 2005

Wissenschaftliche Interessen (dt.)

Wissenschaftliche Interessen
----------------------------

Gerade (Ende 2005) habe ich meine Dissertation an der Universität Witten/Herdecke über "Evolutionary Processes in Economics. The Example of Strategy and Research in the Biopharmaceutical Industry" bei Carsten Herrmann-Pillath abgeschlossen.

Wissenschaftlich interessiere ich mich für die Verknüpfung kognitiver und evolutionärer Ansätze in den Bereichen Strategie, Innovation und Management. Evolutionäre Ansätze können einen Rahmen für die Analyse langfristiger Entwicklungen bereitstellen. Sie können auch helfen, Lernprozesse von Gruppen von Menschen zu modellieren, wie sie bei Forschung, Innovationen und Strategien auftreten. Dabei sollte man sich allerdings von der Vorstellung einer zufälligen Generierung von Variationen (Erfindungen, Innovationen, ges. "Veränderungen") verabschieden. Vielmehr scheinen Innovation (zumindest) in der Pharmaindustrie eher einem Muster zu folgen, dass dem des punktierten Gleichgewichts von Stephen J. Gould entspricht. Dies wird von der systemischen Variante der Evolutionstheorie theoretisch untermauert.

Der Prozess der Innovation stellt sich in Anlehnung an bekannte Konzepte aus Evolutionstheorie und Innovationsforschung wie folgt dar: Zuerst tauchen radikale, die Eigenschaften und ggfs Strukturen von Gegenständen oder Konzepten betreffende Veränderungen auf. Diese werden einerseits vom Umfeld und ggfs Markt selektiert und andererseits (soweit relevant) in immer neuen Kombinationen "ausprobiert". Zwischen diesen radikalen Innovationen kristallisiert sich nach einiger Zeit ein "dominantes Design" oder eine feste Konfiguration von Eigenschaften heraus. D.h. zwischen den grundsätzlichen Möglichkeiten zur Lösung eines Problems wird selektiert. Wenn eine bestimmte Struktur oder Konfiguration von Eigenschaften akzeptiert worden sind, verlagert sich die Selektion auf inkrementelle Innovationen, die die grundlegende Struktur verbessern sollen oder dem Vermarkter einen Wettbewerbsvorteil in den Augen der Kunden verschaffen sollen.


Die Auswahl der Innovationen führt nicht immer zur Auswahl der technisch oder ökonomisch besten, sondern derjenigen, die in bestehende Strukturen und Abläufe hinreichend gut hereinpassen, oder von den Entscheidungsträgern aus anderen Gründen favorisiert werden.

Implikationen dieses "kognitiv-evolutionären" Ansatzes sind:

* Die Bedeutung gewachsener, z.B. organisationaler und technischer Strukturen für die weitere Entwicklung von Systemen wie Technologien, Unternehmen, Gesellschaften.

* "Blinde" Variation bringt uns eher selten weiter, sondern Veränderungen müssen gezielt und auf kritische Punkte abgestimmt angegangen (und für die Wissenschaftler: so modelliert) werden. Ansätze, die am Anfang einer Innovation untereinander um die Vorherrschaft ringen, werden wahrscheinlich teilweise integriert werden (müssen), um eine breite Akzeptanz im Markt zu finden.

* Die unterschiedliche Natur der Innovation über den Lebenszyklus von Gegenständen, Konzepten. Zuerst Ausprobieren und Kombinieren von unterschiedlichen Ansätzen, dann Einpassen in bestehende Systeme, ggfs. weiter Kombinieren und viel Verbessern.

* Das Konzept könnte sich gerade auch für die Anwendung auf die Analyse, Modellierung (und ggfs Vorhersage) historischer, gesellschaftlicher Prozesse eignen. Hier besteht allerdings das Problem entsprechend lange Zeitreihen von Veränderungen zu finden, anhand deren sich diese Aussage überprüfen lässt.

(engl. translation follows)

No comments: